Das Teilen von Daten (Data Sharing) ist notwendiger Bestandteil jeder Gesellschaft. Es ist die Grundlage gemeinsamer Kommunikation und Aktion. Allerdings werden Nutzer:innen auch aufgrund wirtschaftlicher Interessen der großen Plattformen, auf denen ein Großteil dieser Kommunikation stattfindet, zum (Over-)Sharing verleitet. Auch zahlreiche (wirtschafts-) politische Initiativen (bspw. GAIA-X, Mobility Data Space, European Health Data Space) beziehen sich auf Data Sharing. Das Teilen von Daten in diesem Kontext ist mit wirtschaftlichen Interessen verbunden und soll gleichzeitig Werte für das Gemeinwohl hervorbringen. Es gibt aber auch Ansätze, die es über dezentrale Architekturen und Gemeinschaften, Nutzer:innen, die diese Daten größtenteils produzieren, ermöglichen sollen, selbstbestimmt ihre Daten zu teilen. Allerdings werden die geteilten Daten heute meist von zentralisierten Plattformen beherrscht, die von großen, internationalen Branchenakteuren kontrolliert werden, statt über dezentrale Architekturen und Gemeinschaften, die diese Daten größtenteils produzieren. „Sharing“ bedeutet in diesem Kontext dann zumeist das Zur- Verfügung-Stellen von Nutzungsdaten, mit denen die großen Branchenakteure in der Folge exklusiv arbeiten können.
In jüngster Zeit hat die europäische Politik damit begonnen, mit einem rechtlichen Rahmen das Teilen von Daten zu forcieren. Dieser Rahmen ermöglicht Konzepte zur Verpflichtung öffentlicher Stellen für Open Data, zur Hervorbringung von Daten-Märkten mit Hilfe von Datenmittlern und zu altruistischen Datenspenden mit Hilfe von Datentreuhändern. Es entstehen neue Instrumente, die Sharing-Ansprüche anderer Marktteilnehmer, der Nutzer:innen oder von Forschenden umfassen. Im Zentrum der Regulierungsbemühungen stehen bereits verabschiedete Regulierungen wie der Data Governance Act und Regulierungsvorhaben wie der Data Act oder die Verordnung zur Schaffung eines europäischen Raums für Gesundheitsdaten. Auch auf deutscher Ebene soll das Teilen von Daten weiter befördert werden durch ein Forschungsdatengesetz und ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz.
Einerseits haben die regulatorischen Bemühungen das Ziel, öffentliche Daten leichter zugänglich zu machen und den Datenaustausch zwischen Wirtschaft, Medien, öffentlichen Stellen, Bürger:innen und Forschung anzuregen. Andererseits sollen insbesondere Hersteller und Dateninhaber dazu verpflichtet werden, Daten aus vernetzten Geräten (wie Maschinen, Haushaltsgeräten oder Fahrzeugen) zu teilen. Auf diese Weise sollen Daten, die ansonsten zentral insbesondere bei einzelnen Unternehmen lägen, über Datentreuhänder und Datenräume einem möglichst breiten Nutzer:innenkreis (Verbraucher:innen wie auch der Wirtschaft, der Forschung und dem Journalismus) zugänglich gemacht werden, um datenbasierte Innovationen zu ermöglichen und das Gemeinwohl zu stärken. Noch ist aber unklar, was die angestrebte Nutzbarmachung von Daten tatsächlich für Folgen haben wird, welche Möglichkeiten sie bietet und welche Hindernisse beteiligte Akteure und Sektoren überwinden müssen, um Potenziale zu heben. Zu wenig diskutiert wird die Frage, wie die Sozialpflichtigkeit der größten Datensammlungen, die bei den großen Plattformanbietern bestehen, für das Gemeinwohl aktualisiert werden sollte.
Mit der Tagung wollen wir dazu beitragen, dass das Teilen von Daten und deren Nutzbarmachung auf sichere und gerechte Weise erfolgt, so dass berechtigte Informations- und Nutzungsinteressen einerseits unterstützt und andererseits die Privatheit und andere Rechte derjenigen geschützt werden, die ihre Daten teilen wollen, aber auch derjenigen, die dies nicht können oder nicht wollen. Schon heute lassen sich Möglichkeiten eruieren, um eine gerechte Verteilung der Vorteile – und Nebenwirkungen – des Datenteilens in einer globalisierten Welt zu ermöglichen.
Hier finden Sie die Folien und Videoaufzeichnungen der Vortragenden, sowie das Graphic Recording von Magdalena Vollmer – Illustration für Kommunikation zu jedem einzelnen Vortrag.
Das Programmheft zum Download finden Sie hier.
Beiträge der Tagung werden in einem Sammelband veröffentlicht, der in der Reihe „Privatheit und Selbstbestimmung in der digitalen Welt“ im Nomos-Verlag, Baden-Baden erscheinen wird. Nach der Tagung werden ausgewählte Beitragenden dazu eingeladen, eine schriftliche Ausarbeitung einzureichen (Deadline voraussichtlich im Februar 2024). Die Einreichungen werden begutachtet.
Copyright by Marc Müller
Barbara Ferrarese, Plattform Privatheit
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Michael Friedewald, Susanne Ruhm, Greta Runge, Murat Karaboga, Frank Ebbers
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Alexander Roßnagel, Tamer Bile, Christian Geminn
Universität Kassel, Projektgruppe verfassungsverträgliche
Technikgestaltung, Wissenschaftliches Zentrum für
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