03. Jul 2020, Yannic Meier und Nicole Krämer
Seit rund zwei Wochen ist die Corona-Warn-App in Deutschland zum Download erhältlich. Bisher wurde die App ungefähr 15 Millionen Mal aus den App Stores von Google und Apple heruntergeladen. Das entspricht bei 83 Millionen Einwohnern einer Downloadquote von 18 Prozent. Experten hatten im Vorfeld geschätzt, dass die App erst ihre volle Wirkung zeige, wenn mindestens 60 Prozent der Bevölkerung sie nutzen würde. Allerdings zeigen neue Simulationen, dass bereits ab einer Nutzungsrate von 15 bis 20 Prozent eine Wirkung zu erkennen sei.
In vorherigen Blogeinträgen wurden einerseits bereits Mutmaßungen angestellt, wovon der Erfolg der App maßgeblich abhängig sein könnte und andererseits wurde über erste empirische Daten aus den USA über Einstellungen zu Corona-Apps berichtet. Jetzt liegen uns erste eigene empirische Daten vor, die wir in der ersten Woche nach Veröffentlichung der App erhoben haben.
Bisher liegen uns Daten von 952 deutschen Smartphone-Nutzer*innen vor, die über 18 Jahre alt sind. Von diesen Kriterien abgesehen, entsprechen Alter und Geschlecht der Teilnehmenden der Verteilung in der deutschen Bevölkerung. 472 Frauen und 480 Männer im Alter von 18 bis 73 (Mittelwert: ca. 44 Jahre) nahmen an der Untersuchung teil. 366 Personen gaben an, die App bereits zu nutzen. Demnach liegt die Nutzungsquote in der Stichprobe mit über 38 Prozent über dem gesamtdeutschen Anteil. Ein Grund dafür, dass App-Nutzende in der Stichprobe überrepräsentiert sind, dürfte die Tatsache sein, dass ausschließlich Smartphone-Besitzer*innen befragt wurden.
Neben Fragen zur App-Nutzung sollten die Befragten Wissensfragen zur Funktionsweise der App, Fragen zu wahrgenommenen Vorteilen der App, Fragen zu Vertrauen in die Regierung und App-Betreiber sowie Fragen zu Privatheitsbedenken, die mit der Nutzung der App assoziiert werden, beantworten. Zum einen sollte damit ergründet werden, welche Faktoren die App-Nutzung beeinflussen. Zum anderen waren wir daran interessiert, wie sich Faktenwissen über die App auf diese Einflussfaktoren auswirkt.
Erste Ergebnisse deuten auf die Wichtigkeit von Wissen über die Funktionsweise der App hin. Befragte, die mehr Wissensfragen korrekt beantworten konnten, assoziierten mehr Vorteile mit der Nutzung der App, hatten höheres Vertrauen in die App-Betreiber und hatten weniger Privatheitsbedenken als Teilnehmende, die weniger Wissensfragen korrekt beantworten konnten. Dies wirkte sich auch auf die Nutzung der App aus. Nicht-Nutzer*innen der App beantworteten im Schnitt weniger als fünf der zehn Wissensfragen richtig, wohingegen App-Nutzer*innen im Durchschnitt mehr als sieben Fragen korrekt beantworten konnten. Darüber hinaus zeigte sich, dass Personen, die viele Vorteile der App wahrnahmen und mehr Vertrauen hatten, die App eher nutzten, als Personen, die wenige Vorteile erkannten und wenig Vertrauen hatten. Auch die Privatheitsbedenken offenbarten sich als relevanter Faktor für die Nutzung: Befragte, die glaubten, ihre persönlichen Daten wären durch die Nutzung der App in Gefahr, nutzen die App weniger häufig, als Personen, die keine oder wenig Privatheitsbedenken offenbarten.
Diese Ergebnisse decken sich zu großen Teilen mit der empirischen Untersuchung aus den USA, haben allerdings den Vorteil, dass diese nicht auf einer hypothetischen Situation beruhen, sondern die Fragen mit Blick auf die aktuelle Situation in Deutschland und die daraus folgende eigene Einschätzung beantwortet wurden. In den nächsten Wochen werden wir weitere Auswertungen vornehmen, über die wir unter anderem an dieser Stelle berichten werden. Um die Einflussfaktoren im zeitlichen Verlauf beobachten zu können, werden außerdem in ca. einmonatigem Abstand zwei weitere Befragungen mit denselben Teilnehmer*innen durchgeführt.
Yannic Meier ist Doktorand am Lehrstuhl für „Sozialpsychologie – Medien und Kommunikation“ an der Universität Duisburg-Essen und Mitglied des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten “Forum Privatheit”. Er forscht zu privatheitsrelevantem Online-Verhalten.
Nicole Krämer ist Professorin für „Sozialpsychologie – Medien und Kommunikation“ an der Universität Duisburg-Essen und betreibt seit vielen Jahren empirische Forschung zu den psychologischen Auswirkungen neuer Technologien. Prof. Dr. Nicole Krämer ist Partnerin im “Forum Privatheit”.