Akzeptanz App-basierter Kontaktnachverfolgung von Covid-19

04. Mai 2020, Johannes Abeler

Tracing-Apps, wie sie die Bundesregierung gerade bei SAP und T-Systems in Auftrag gegeben hat, könnte einen wertvollen Beitrag zur Bekämpfung von Infektionsketten liefern und weitere Lockerungen bei Beschränkungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens und wirtschaftlicher Tätigkeiten ermöglichen.

In Anbetracht des Potentials von Kontaktnachverfolgung, ist es kaum verwunderlich, dass viele Länder unter Hochdruck an der Entwicklung solcher Apps arbeiten, unter anderem Großbritannien und Deutschland, oder sogar schon eingeführt haben wie z.B. Singapur. Nichtsdestotrotz gibt es noch immer einige ungeklärte Fragen in Bezug auf die Akzeptanz App-basierter Kontaktnachverfolgung:

  1. Generelle Akzeptanz: Würde eine ausreichende Anzahl an Personen die App installieren, trotz möglicher Datenschutzbedenken? Wie schätzt die Allgemeinheit eine solche App generell ein?
  2. Einführungshindernisse: Was sind die Gründe, die Menschen zu einer Installation veranlassen bzw. davon abhalten würden? Inwiefern könnten das Design und die Darstellung der App die Installations-Entscheidung beeinflussen?
  3. Installationsansätze: Inwiefern könnten unterschiedliche Installationsansätze (v.a. freiwillige versus automatische Installation durch Mobilfunkanbieter) die Anzahl an Installationen beeinflussen?

Um diese Fragen zu beantworten haben wir zwischen dem 25. und 27. März 2020 eine Studie mit 1033 Teilnehmern durchgeführt, die wir vom 2. bis 5. April nochmal wiederholt haben. Die Zusammensetzung der Teilnehmer entspricht der deutschen Bevölkerung nach Altersgruppen, Geschlecht und Bundesland. Unsere Hauptergebnisse sind:

1. App-basierte Kontaktnachverfolgung auf freiwilliger Basis genießt breite Unterstützung.

  • Knapp dreiviertel der Teilnehmer geben an, dass sie die App auf jeden Fall oder wahrscheinlich installieren würden, unabhängig vom Alter oder Geschlecht der Teilnehmer. Einzig Teilnehmer, die generell wenig Vertrauen in die Regierung haben, sind weniger geneigt, die App zu installieren.
  • Die breite Mehrheit der Teilnehmer gibt an, sie würden definitiv der Aufforderung der App nachkommen, sich in häusliche Quarantäne zu begeben, sollten sie in Kontakt zu einer infizierten Person gekommen sein. Eine Selbst-Verpflichtung des Robert-Koch-Instituts, Betroffene schnell zu testen, erhöht diese Bereitschaft weiter.
  • Die meisten Teilnehmer geben an, dass die Bundesregierung in ihrem Ansehen steigen würde, sollte sie eine solche App einführen. Das trifft auf Wähler aller Parteien zu.

2. Die meistangeführten Hauptgründe gegen eine Installation sind (i) Befürchtung größerer Überwachung durch die Regierung nach dem Ende der Epidemie; (ii) Sorge, dass das Handy leichter gehackt werden könnte; und (iii) Unwille Bluetooth auf dem Handy zu aktivieren.

3. Eine knappe Mehrheit der Teilnehmer unterstützt auch eine automatische Installation der App auf allen Handys (mit der Möglichkeit zur Deinstallation).

  • Eine knappe Mehrheit der Teilnehmer stimmt der Aussage zu, dass die Regierung Mobilfunkanbieter zu einer automatischen Installation auffordern sollte um die Chance, die Epidemie zu stoppen, zu maximieren. Ungefähr die Hälfte der Teilnehmer gibt an, dass die Bundesregierung in ihrem Ansehen steigen würde, wenn so eine Maßnahme ergreifen würde.
  • Allerdings geben nur 60% der Teilnehmer an, dass sie eine automatisch auf ihrem Handy installierte App auf jeden Fall oder wahrscheinlich behalten würden.

Um sicherzustellen, dass unsere Ergebnisse die Einstellung der breiten Bevölkerung widerspiegeln, haben wir unsere Studie in einer repräsentativen Zufallsstichprobe wiederholt. Diese Umfrage kommt zu denselben Ergebnissen. Wir haben unsere Umfrage auch in Großbritannien, Frankreich, Italien und den USA durchgeführt und finden insgesamt sehr ähnliche Ergebnisse.

Akzeptanz_App-basierter_Kontaktnachverfolgung

Unsere Ergebnisse geben Grund zur Hoffnung, dass eine App-basierte Kontaktverfolgung erfolgreich dazu beitragen könnte, die Epidemie einzudämmen und eine Lockerung des Lockdowns zu beschleunigen. So ein Ansatz ist umso effektiver, je mehr Menschen die App nutzen, und wir finden eine große Bereitschaft dies zu tun. Die Anzahl der Installationen sollte sich weiter erhöhen, falls das Design der App und die Art und Weise, wie sie der Öffentlichkeit vorgestellt wird, Ängste zu gesteigerter Überwachung und persönlichen Freiheiten im Allgemeinen adressieren könnte.

Der Hauptnachteil unserer Studie ist, dass wir ausschließlich hypothetische Fragen über zukünftiges Verhalten stellen konnten. Die tatsächliche Bereitschaft, die App zu installieren und zu nutzen, könnte hiervon abweichen. Darüber hinaus kann unsere Studie nichts über die legalen und ethischen Implikationen einer solchen App aussagen. Insbesondere eine automatische Installation wirft viele Fragen in diese Richtung auf. Nichtsdestotrotz, geben unsere Resultate Auskunft darüber, inwiefern die deutsche Bevölkerung App-basierte Kontaktnachverfolgung akzeptieren würde und welche Ansätze im Design und der Implementierung die größte Zustimmung erfahren würden.

Die Studie wurde von Johannes Abeler, Sam Altmann, Ruben Bach, Frederic Gerdonz, Frauke Kreuter, Luke Milsom, Severine Toussaert, Hannah Zillessen von den Universitäten Mannheim, Oxford und Maryland durchgeführt und unter https://osf.io/z6ws4/ veröffentlicht.


Über den Autor

Johannes is a Professor of Economics at the University of Oxford, and a Supernumerary Fellow of St Anne's College. After studying Electrical Engineering and Industrial Engineering, he completed a PhD in Economics at the University of Bonn and then moved to the University of Nottingham. He joined Oxford in 2011 and teaches mainly Behavioural Economics and Public Economics. His research has studied the economic effects of honesty, complexity, disappointment, fairness, and fungibility.

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