Chancen und Risiken sozialer Einflussfaktoren für die Privatheitsentscheidungen Adoleszenter

03. Apr 2025, Jennifer Klütsch

Digitale Technologien sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Unsere sozialen Interaktionen sind heute oft hybrid – sie haben sowohl physische als auch digitale Anteile. Dies bringt Chancen, aber auch Risiken mit sich, insbesondere für die informationelle Selbstbestimmung der Beteiligten. Smarte Lautsprecher können beispielsweise bei persönlichen Begegnungen mithören, oder es werden – oft ohne das Wissen oder Einverständnis der Betroffenen – Fotos von solchen Begegnungen in Messenger-Gruppen geteilt. Zusätzlich kann sozialer Druck beeinflussen, wie Menschen über ihre eigene Privatheit entscheiden. Gerade für junge Menschen zwischen 16 und 25 Jahren stellt dies eine Herausforderung dar: Einerseits wünschen sie sich mehr Autonomie, andererseits ist ihnen die Zugehörigkeit zu ihrer Peer-Gruppe sehr wichtig.

Um herauszufinden, wie soziale Einflussfaktoren die Privatheitsentscheidungen junger Menschen beeinflussen, wird im BMBF-geförderten Forschungsprojekt SoPrivAdo genau dieses Spannungsfeld untersucht. Ziel ist es, junge Menschen dabei zu unterstützen, die Kontrolle über ihre persönlichen Daten zu behalten und ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch unter sozialen Einflüssen in gemeinschaftlich genutzten Technologien auszuüben. Das Projekt setzt auf einen ganzheitlichen, nutzerzentrierten Ansatz mit vier zentralen Schwerpunkten:

1. Spielerisch lernen mit einem Serious Game

Im Projekt wird ein Serious Game entwickelt, das die Zielgruppe spielerisch mit alltagsnahen Konfliktsituationen konfrontiert und dadurch das Risikoverständnis und die Verantwortung im Umgang mit den eigenen Daten in sozial-bestimmten Privatheitsentscheidungen unterstützen soll. Im Fokus des Spiels stehen also die Förderung der Selbstreflexion und die Entwicklung eines bewussten Umgangs mit persönlichen Daten in sozialen Kontexten. Eine zum Spiel gehörende Online-Plattform wird es Pädagog*innen außerdem erlauben, eigene Szenarien für ihre Gruppen selbst anzulegen. Auch eine wissenschaftliche, anonymisierte Analyse der Spielergebnisse soll über dieses Web-Backend stattfinden.

2. Zielgruppenorientierte Bildungsmaterialien

Ergänzend werden Bildungsmaterialien entwickelt. Mit den Bildungsmaterialien soll das Bewusstsein für soziale Einflüsse auf Privatheitsentscheidungen bei gemeinsam genutzter Technik geschärft und Kompetenzen zur informationellen Selbstbestimmung vermittelt werden. Ziel ist es, jungen Menschen – insbesondere mit niedrigem Bildungshintergrund – konkrete Handlungsoptionen aufzuzeigen, um reflektierte und selbstbestimmte Entscheidungen im digitalen Raum zu treffen.

3. Interdisziplinäre Forschung als Basis

Die Entwicklung des Serious Games und der Bildungsmaterialien basieren auf wissenschaftlichen Studien. Dabei werden sowohl kognitive als auch soziale Einflussfaktoren auf Privatheitsentscheidungen untersucht. Eine ethische Analyse liefert zudem Empfehlungen für einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Technologien. Um die Wirksamkeit der entwickelten Maßnahmen zu prüfen, werden qualitative UX-Interviews sowie empirische Evaluationen durchgeführt.

4. Wissenschaftskommunikation und interaktive Ausstellung

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Projekts ist die Aufbereitung und Vermittlung der Forschungsergebnisse. In einer interaktiven Ausstellung zum Thema Datenschutz und Privatheit werden die gewonnenen Erkenntnisse anschaulich dargestellt und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Übergeordnetes Ziel:

In einer zunehmend digitalisierten Welt ist es wichtig, die Kompetenzen junger Menschen zu fördern, um selbstbestimmt über ihre Daten entscheiden zu können. Neben Wissen geht es dabei auch um die Fähigkeit, Medien reflektiert, selbstbestimmt und verantwortungsvoll zu nutzen, Risiken zu erkennen, Schutzmaßnahmen anzuwenden und soziale Einflüsse kritisch zu hinterfragen. Das Forschungsprojekt SoPrivAdo leistet somit einen wertvollen Beitrag, indem es praxisnahe Lösungen entwickelt und junge Menschen dabei unterstützt, ihre informationelle Selbstbestimmung zu stärken – auch unter sozialem Druck.


Über die Autorin und das Projekt

Der Beitrag stammt von der Doktorandin Jennifer Klütsch, Teil der Universität Aachen und des SoPrivAdo-Projektes.

SoPrivAdo ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über die Plattform Privatheit gefördertes Verbundprojekt, das von den folgenden Institutionen getragen wird: Institut für Psychologie: Arbeits- und Ingenieurpsychologie, Lehrstuhl für Technik und Individuum (iTec) sowie Lehr- und Forschungsgebiet Angewandte Ethik der RWTH Aachen University, JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis und Wegesrand GmbH & Co. KG

0Noch keine Kommentare

Ihr Kommentar
Antwort auf:  Direkt auf das Thema antworten