22.05.2025
Ein von der Plattform Privatheit organisiertes Panel diskutierte am 22. Mai 2025 den Risikobegriff in Recht und Politik der Europäischen Union im Rahmen der diesjährigen CPDP <The World is watching> in Brüssel.
Das Panel setzte sich zum einen mit den unterschiedlichen Risikobegriffen in den Gesetzestexten Datenschutz-Grundverordnung, Digitale-Dienste-Verordnung sowie der KI-Verordnung auseinander und zeigte auf, wie sich deren Auslegung praktisch auswirken. So beeinträchtigt beispielsweise das Framing von Migration als "Risiko" die Menschenrechte.
Im Verlauf der Diskussion wurde auch erörtert, wie risikobasierte Ansätze in politischen Narrativen einer Deregulierungs-Agenda dienen können. Interne Risikoeinstufungen können dabei die weiterführenden Fragen von Risiken für eine grundrechtsbasierte rechtliche und politische Ordnung der EU in einer sich verändernden geopolitischen Lage verdecken.
Das Panel diskutierte folgende Fragen:
Hier kommen Sie zur Video-Aufnahme des Panels.
Isabel Barberá, Mitgründerin von Rhite, führte aus, dass eine gute Risikoevaluation stark von den Fähigkeiten und der Motivation der Verantwortlichen abhängt. Um Risiken umfassend beurteilen zu können, seien verschiedene Formen von Expertise notwendig, nicht zuletzt aber auch Empathie, um mögliche Schäden für Andere vorhersehen zu können.
Dr. Irmak Erdoğan Peter, Post Doc an der KU Leuven, zeigte, dass im Bereich der Strafverfolgung eine Form von Risikoabschätzung vorgenommen werde, die Menschen selbst als Risiken ansehe, anstatt sie vor Risiken zu schützen. Dies führe zu einer massiven Überwachung von Individuen, die auch schädliche Effekte für die ganze Gesellschaft haben könne.
Aljosa Ajanovic, der als Rechtsanwalt bei EDRi arbeitet, konstatierte einen Missbrauch des Risikobegriffs gegenüber Migrant*innen und Flüchtenden. Letztere würden als Risiken für die Menschen der Europäischen Union stigmatisiert, um tief in die Privatsphäre eindringende Überwachungs-Technologien auszuprobieren, die in der Folge auch innerhalb der Europäischen Union gegenüber den Menschen der EU eingesetzt würden.
Dr. Katie Nolan, Lecturer an der TU Dublin, warnte davor, dass das Wettrennen um AI der EU als Rechtfertigung diene, um mehr Macht bei der Kommission zu konzentrieren und eine Deregulierungs-Agenda zu verfolgen, die zum Abbau bestehender Grundrechtestandards führen könne.
Dr. Felix Bieker, Mitarbeiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, der das Panel moderierte, schloss aus diesen Vorträgen, dass der Risikobegriff im aktuellen EU-Datenrecht durchaus genutzt werden könne, um Grundrechterisiken zu verhindern. Allerdings seien die Verantwortlichen teilweise mehr an Profiten als an effektivem Schutz von Menschen interessiert. Mitglieder stigmatisierter Gruppen, wie etwa Migrant*innen, könnten sich aber auch auf diese Rechte nicht verlassen und seien daher oft nicht ausreichend geschützt. Den aktuellen Deregulierungs-Bestrebungen der Kommission, die zunehmend den KI-Ansatz der US-Regierung nachahme, müsse etwas entgegensetzt werden, um sicherzustellen, dass der Einsatz von Technologie der Wahrung der Grundrechte dient.
Weitere Informationen unter: https://www.cpdpconferences.org/panels/risking-fundamental-rights-the-myriad-ways-of-risk-in-eu-law-and-policy